Die Rückfahrt nach Delitzsch Jede Zeit, auch die schönste, geht irgendwann zu Ende. Und so trat der SVT Ende August 2011 seine Heimreise von Friedrichshafen nach Delitzsch an. - Nicht nur wir, auch viele interessierte Eisenbahnfreunde begleiteten die Rückfahrt mit ihren Fotoapparaten und stellten uns freundlicherweise Bilder zur Verfügung. Dafür möchten wir uns an dieser Stelle noch einmal herzlich bedanken! Weitere Erläuterungen zum und über den Besuch des VT in Friedrichshafen erhalten Sie am Ende der Bilderserie

Besuch des historischen Schnelltriebwagens SVT 137 856 der Bauart KÖLN in Friedrichshafen

Dipl.-Ing. Hans-Joachim Eitze, Dipl.-Ing. Peter Thiele, Förderverein Diesel-Schnelltriebwagen (SVT) e.V.

Vom 8. Juni 2011 bis zum 27. August 2011 besuchte der historische Schnelltriebwagen SVT 137 856 der Bauart KÖLN des Fördervereins Diesel-Schnelltriebwagen (SVT) e. V. Friedrichshafen. Während seines Besuches hatte er seinen Standplatz auf dem Gleis 4b des Hafenbahnhofs. So bot er allen Eisenbahnankömmlingen einen nicht alltäglichen Blickfang und erweckte Interesse. Auch von verschiedenen Positionen um den Hafenbahnhof und vom Zeppelin-Museum aus zog das große elegante Fahrzeug mit seiner attraktiven Farbgebung die Aufmerksamkeit auf sich. Ermöglicht hat diesen Besuch das Zeppelin-Museum Friedrichshafen mit seiner Einladung des Triebwagens zur Ausstellung „Wasser. Straße. Schiene. Luft: Mobilität am Bodensee“. Und am Bodensee in Friedrichshafen stand ja ein Teil der Wiege der Reichsbahn-Schnelltriebwagen: Im Windkanal des Zeppelin-Luftschiffbaus wurden die Untersuchungen zur Entwicklung optimaler Kopfformen für diese schnellen Fahrzeuge ausgeführt und bis auf die Ausnahme der Bauart BERLIN kamen die Dieselmotoren für die Schnelltriebwagen von der Firma Maybach. Die letzte vor dem Kriege konzipierte Schnelltriebwagenbauart MÜNCHEN sollte sogar komplett in Friedrichshafen von diesen beiden Firmen gefertigt werden. Vor diesem Hintergrund durfte also einiges Interesse am SVT 137 856 erwartet werden. Dass dann in der doch recht langen Präsentationszeit von zwei und einem halben Monat im Durchschnitt aber nahezu 100 Besucher je Tag – insgesamt waren es 7550 – den Triebwagen besichtigten, verblüffte. Aber die Verblüffung von Gast und Gastgeber wurde durch das pure Erstaunen der Besucher über die Existenz eines derartigen historischen Triebwagens und über die für seine Vorzeigbarkeit geleisteten immensen Außen- und Innenarbeiten weit übertroffen. Dass der Löwenanteil des Innenausbaus von arbeitslosen Jugendlichen geleistet wurde, erregte Bewunderung. Viele Jahre geführt von der Regionalinitiative Delitzsch fand nun eine große Leistung dieser jungen Menschen und ihres Leiters, Roland Oelschlegel, auch weit außerhalb ihrer Heimat mehr als verdiente Anerkennung. Und da hier gerade von Anerkennung die Rede ist: Den Triebwagen besuchten auch erstaunlich viele ausländische Gäste aus allen möglichen, auch überseeischen, Ländern. Was die den Triebwagen betreuenden Vereinsmitglieder dabei immer wieder bemerkten und nachdenklich machte, war die Hochachtung – anders mag man es gar nicht nennen – der ausländischen Gäste, oft hervorragend informiert, nicht nur für diese Leistung sondern insgesamt für unser Heimatland. Kritik einiger Puristen gab es natürlich auch. „Warum habt ihr nicht wieder den Originalfußbodenbelag von 1938 verlegt?“ war solch ein Kritikpunkt, der wohl an der Realität des Machbaren und seinen unausweichlichen Kompromissen vorbei geht.
Hier also noch einmal das Konzept des Fördervereins für den SVT 137 856: Der Triebwagen steht nicht unter Denkmalschutz. Damit kann er vom Förderverein für die jeweils aktuellen Nutzungsmöglichkeiten hergerichtet werden.
Im Triebwagen selbst wird seine eigene, sehr wechselvolle, Geschichte auf zweierlei Art lebendig gemacht – einmal durch Einrichtung einiger Bereiche im historischen Erscheinungsbild ihrer Zeit, zum anderen durch Ausstellungen, wobei der Kontextdarstellung gebührender Raum eingeräumt wird.
Einige Räume des Triebwagens bleiben den jeweiligen einladenden Veranstaltern für deren Präsentationen oder Vorhaben reservier- und bereitstellbar.
Ein Großraum ist für Ausstellungen, Begegnungen, Vorträge, Filmvorführungen usw. eingerichtet.
Der präsentierte Zustand des Triebwagens ist immer ein augenblicklicher Arbeitsstand.
Dieses Konzept hat sich beim Besuch in Friedrichshafen bestens bewährt. Durch das einladende Zeppelin-Museum wurden eine Reihe sehr gut angenommener Veranstaltungen im Triebwagen durchgeführt. Spiel-, Lese- und Märchenstunden für Kinder, ein Krimi-Dinner im Stil der Roaring Twenties, eine Romanvorstellung seien stellvertretend für viele andere genannt. Im Gegenzug wurden auch Mitglieder des Fördervereins im Ausstellungsort aktiv, sei es durch den Besuch des Triebfahrzeugführers Conrad Schimmer, der den SVT 137 856 jahrelang auf allen möglichen internationalen und nationalen Kursen geführt hat, im Maybach-Gymnasium oder den Vortrag von Hans-Joachim Eitze in der Donnerstagreihe des Zeppelin-Museums.
Überhaupt – das Zeppelin-Museum. Um es kurz und bündig zu sagen: Einen besseren Gastgeber konnten Triebwagen und Betreuungsmannschaft sich nicht wünschen. Die Museumsmitarbeiterinnen für die Öffentlichkeits- und Pressearbeit sorgten dafür, dass durch Anfangs- und Abschiedspressekonferenzen der Triebwagenbesuch ein großartiges mediales Echo fand. Eine schon freundschaftlich zu nennende Hilfsbereitschaft der Museumsmitarbeiterinnen und -Mitarbeiter half, auftauchende Probleme unbürokratisch und wirkungsvoll aus der Welt zu schaffen. Stellvertretend für alle soll hier ausdrücklich die souverän-gelassene und außerordentlich liebenswürdige Art des Leiters der Abteilung Zeppelin, Jürgen Bleibler, gewürdigt werden. Dass in einer derartigen Atmosphäre des Aufeinanderzugehens auch jede Menge für den Förderverein hochwichtiger Kontakte zu Personen und Institutionen für die weitere Arbeit zustande kamen, verwundert wohl nicht. Dabei rückte auch die Tatsache ins Bewusstsein, dass von den SVT-Serienbauarten der Reichsbahn, HAMBURG, LEIPZIG und KÖLN, nur noch je ein komplettes Fahrzeug die Zeiten überdauert hat. Im Falle der 1937/1938 von Linke-Hoffmann in Breslau gebauten 14 dreiteiligen Einheiten der Bauart KÖLN existieren außer dem SVT 137 856 allerdings noch ein End- und ein Mittelwagen in Konstanz als Clubdomizil, der dazu gehörende zweite Endwagen dient in Travemünde dem gleichen Zweck, und im Werksmuseum von Alstom in Salzgitter befinden sich noch zwei weitere Endwagen.
Eine besondere Facette des Triebwagenbesuchs in Friedrichshafen soll ebenfalls dankbar würdigend hervorgehoben werden: Seine Begleitung durch vermehrte Streifengänge der Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter der örtlichen Polizeidirektion. Am ersten Tag des Besuchs vor Ort vereinbart, führten sie dazu, dass anfängliche Befürchtungen über Vandalismus- oder Graffittiangriffe auf den Triebwagen gegenstandslos wurden.
Zurzeit ist der SVT 137 856 noch nicht aus eigener Kraft fahrfähig. Aber schleppfähig ist er. Die beiden langen Schleppfahrten von Delitzsch nach Friedrichshafen und zurück übernahmen V100 1041 für die Hinfahrt und V100 2335 der NeSA (Eisenbahn-Betriebsgesellschaft Neckar-Schwarzwald-Alb mbH) für die Rückfahrt mit jeweils zwei Bremswagen. Dabei geriet ein Teil der Fahrt von Delitzsch nach Friedrichshafen zu einer Zeitreise. Ab Leipzig-Leutzsch fuhr der Schleppverband bis Nürnberg Hbf im Kurs des FDt 552 Berlin-Anhalter Bahnhof – München Hbf/Stuttgart Hbf von 1938/1939, der damals ja von den Triebwagen der Bauart KÖLN von denen der Bauart HAMBURG übernommen wurde. Im Speisewagen des SVT 137 856, der dem historischen Vorbild von 1938 fast komplett angenähert ist, wurde so eine dahingegangene Reisekultur nacherlebbar – wenn auch ein wenig langsamer: Die Schleppgeschwindigkeit war mit 60km/h festgelegt. In Ulm wurde auf der Fahrt nach Friedrichshafen Nachtlager gehalten, auf der Rückfahrt in Donauwörth. Das kam durch die Sperrung der Frankenwaldrampe am 27. /28.August 2011 zustande, so dass die Rückfahrt über die Franken-Sachsen-Strecke (Nürnberg – Hof – Plauen) führte. So problemlos wie die Fahrt nach Friedrichshafen ging auch die Rückfahrt nach Delitzsch über die Bühne.
Natürlich hat diese lange Präsentationszeit in Friedrichshafen die aktiven Vereinsmitglieder hart gefordert. Und nur durch den außerordentlich dankenswerten, wochenlangen Einsatz der Vereinsmitglieder Conrad Schimmer und Frank Mehlhose konnte stets eine kompetente Betreuungsmannschaft an Bord zur Verfügung stehen. Das Resümee der großartigen Zeit in Friedrichshafen, neben der großen Dankbarkeit für den Gastgeber, das Zeppelin-Museum? Es ist eigentlich ganz einfach, wie fast immer: Durch beharrliches Tun wurde Gerede in die Schranken gewiesen und Vorzeigbares geschaffen. Dieses Credo wird auch die künftige Arbeit des Fördervereins Diesel-Schnelltriebwagen (SVT) e.V. bestimmen, bestimmen müssen.